Übersetzt bedeutet Twitter übrigens „Gezwitscher“, was auf den ersten Blick die Assoziation völliger Belanglosigkeit erweckt. Wer möchte schon etwas „zwitschern“, wenn er Wichtiges zu sagen hat? Und doch hat sich der Internet-Dienst inzwischen vor allem in der politischen Sphäre etabliert. Über die Kurznachrichten kommunizierten die Wahlkampfteams des damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Obama 2008 ihre Aktivitäten. In deutschen Wahlkampagnen kam der Mikro-Blog zuerst im Vorfeld der hessischen Landtagswahl zum Einsatz – Roland Koch und Thorsten Schäfer-Gümbel als Trendsetter im deutschen Politgezwitscher. Und während der diesjährigen Unruhen in Iran wurde Twitter zum bevorzugten Instrument der unterdrückten Bevölkerung: Manche Nachrichten benötigen nicht mehr als 140 Zeichen.
Man kann mit gutem Recht Kelber und Klöckner kritisieren, weil sie Köhlers Wiederwahl auf unwürdige Art hinausposaunten, an den unleugbaren Stärken des Zwitscherns ändert es nichts: Schneller und direkter kann Kommunikation kaum sein. Natürlich benötigen komplexe Inhalte mehr Raum. Für viele kurze und doch bedeutsame Botschaften reicht die knappe Zeichenanzahl jedoch völlig aus. Daher wundert es nicht, dass etwa in Anlegerkreisen viele Twitter-Begeisterte zu finden sind. Das Handelsblatt unterhält mittlerweile einen eigenen Account, um seine Leser in Echtzeit über Marktentwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Wenn es darum geht, viele Personen rasch über Neuigkeiten zu informieren, ist das Netzwerk unschlagbar. Und gerade die Knappheit der Zeichen birgt Vorteile: Wer wenig Platz für Inhalt hat, muss sich fokussieren. Sich kurz zu fassen und trotzdem das Relevante zu sagen, ist nämlich eine Kunst.